Es ist wieder Wochenende. Für viele Menschen bedeutet das Freizeit, Familie, ein Aufatmen nach einer langen Woche. Für mich ist es ein Echo von Stille. Eine Stille, die nicht friedlich ist, sondern wie eine kalte Wohnung ohne Licht.
Ich sitze am Fenster. Draußen liegt die Straße wie eingefroren. Mein Auto steht schief am Randstein. Kaputt. Der Bremssattel rostig, ein Stück Metall, das aufgegeben hat. Wenn ich es anschaue, sehe ich mich selbst darin. Auch ich habe Risse, auch in mir rostet etwas, still und unauffällig.
Alles geht den Bach runter. Nicht in einem großen Knall, sondern Tropfen für Tropfen, so wie ein Dach langsam undicht wird. Erst glaubt man, es sind nur kleine Flecken. Irgendwann merkt man: Das Wasser steht einem bis zum Hals.
Mein Körper schmerzt vom Muskelkater. Jeder Schritt ist schwer, als würde ich durch zähen Schlamm gehen. Aber der Schmerz unter der Haut ist größer. Er hat keinen Namen, kein Gesicht, nur ein Gewicht.
Die Ängste sind wie Schatten. Sie waren nicht immer so groß. Früher, als ich klein war, konnte ich in den Himmel sehen und an nichts denken. Damals, als ich mit meinem Fahrrad durch den Sommer fuhr, barfuß über warmen Asphalt, Wind in den Haaren. Alles war einfach. Ich dachte, die Welt bleibt immer so weit und leicht.
Jetzt sind die Schatten größer als ich. Sie legen sich auf alles: Rechnungen, Zukunft, Verpflichtungen. Existenzängste – das klingt in Büchern nüchtern, sachlich. In mir ist es ein Monster, das nie schläft. Es knurrt im Dunkeln und ich weiß nicht, wann es zuschlägt.
Manchmal sehne ich mich nach Flucht. Weg von hier. Irgendwohin, wo mich niemand kennt, wo ich wieder dieser Junge bin, der barfuß über den Asphalt läuft. Ich male mir aus, wie ich einfach gehe, durch Wälder, über Felder, bis der Horizont mich verschluckt. Oder ich denke an Schlaf. Längerer Schlaf. Einfach nur liegen, Augen zu, nichts mehr hören. Schlafen, schlafen, schlafen. Vielleicht würde dann die Welt leiser.
Keiner versteht das. Oder ich lasse es niemanden verstehen. Von außen sieht man einen Menschen, der funktioniert. Drinnen aber bin ich in einem Teufelskreis. Ich laufe und laufe in meinem eigenen Kopf, immer im Kreis. Jeder Ausweg sieht aus wie ein Spiegel, der mich zurückwirft.
Ich erinnere mich an früher, an Abende mit Freunden. Wir saßen am See, lachten laut, schmiedeten Pläne. Wir glaubten, alles liegt vor uns. Jetzt ist das Bild wie ein altes Foto, verblasst, mit Eselsohren. Die Gesichter lächeln noch, aber ich erkenne mich kaum wieder.
Heute sitze ich hier, sehe dem rostigen Auto zu und fühle, wie der Kreis sich weiterdreht. Aber irgendwo in mir, ganz tief, lebt noch der Junge von damals, der barfuß lief und an nichts dachte. Vielleicht ist das der einzige Grund, warum ich noch schreibe. Weil ich hoffe, dass er mich irgendwann wieder findet